Die Mauren, die in Spanien über 700 Jahre lang bis zum Ende des 13. Jahrhunderts herrschten, waren unvergleichliche Strategen und errichteten deshalb ihre Festungen und Burgen klugerweise an Orten, die sehr schwierig zu erreichen waren und sind.
Das malerische Dorf Guadalest ist da keine Ausnahme. Es ist eine der beliebtesten Attraktionen unter den Besuchern der Costa Blanca und liegt am oberen Ende des gleichnamigen Tales, etwa 35 km entfernt von der lebhaften Touristenstadt Benidorm und 25 km entfernt vom hübschen Künstlerparadies Altea. Die Straße, die sich von der Küste bis zum Tal von Guadalest durch die Berge windet, ist schon beinah allein einen Ausflug wert, denn sie führt durch eine wunderschöne Landschaft.
Im Tal findet man Wälder voller duftender Pinien, Eichen, Ahorn und Eschen, und die Straße führt vorbei an Wiesen mit Apfel-, Kirsch- und Birnbäumen, Orangen- und Olivenhainen sowie Feldern, auf denen Feigen, Zitronen und eine lokale Besonderheit, die Nispero-frucht angebaut werden.
Die Geschichte von Guadalest
Die Wirtschaft des Dorfes (und somit auch das Einkommen der Einwohner) beruht heutzutage beinahe vollständig auf dem Tourismus. Es liegt zwischen den Gebirgszügen Aitana, Serella und Xorta und der Ort wurde vermutlich um 715 vor Christus von den Mauren besiedelt. Die Siedlung entwickelte sich mit der Zeit zu einer Festung, die aufgrund ihrer strategisch klugen Position quasi uneinnehmbar war.
Es gibt nur wenige Überreste von den alten Burgen, die hier im Laufe der Jahrhunderte errichtet und ausgebaut wurden. Innerhalb der Mauern der ehemaligen Festungsanlage San Jose gibt es einen Kerker und den berühmten Glockenturm von Guadalest zu bestaunen.
Das Dorf ist in zwei Teile geteilt, welche durch einen Tunnel verbunden sind, der von den Mauren in den Stein gebaut wurde. Der Tunnel trägt den Namen 'Puerta de San Jose' (das Tor von San Jose) und ist nach der gleichnamigen Festung im oberen Teil des Dorfes benannt. Die Mauren lebten außerhalb des Tores im unteren Teil des Dorfes, welches als El Arrabal bekannt ist und welches bis heute der Teil des Dorfes ist, in dem sich das Leben und die wichtigen Dinge abspielen. Im oberen Teil lebte früher der christliche Teil der Bevölkerung und es gibt neben der Festung den prunkvollen Palast der Orduña-Familie zu sehen.
Der Palast wurde im Zuge der Reconquista von James dem Zweiten an Berando de Sarria vergeben, bis die Spanische Krone ihn dann 1355 zurückeroberte und der Palast in den Besitz der Herzöge von Gandia (die legendäre Familie der Borgias), gelangte. Schließlich wurde es das Zuhause der Orduña-Familie, die im 19. und 20. Jahrhundert die wohlhabendste und einflussreichste Familie des Ortes war. Der Familienstamm der Orduñas starb tragischerweise irgendwann aus und der Palast wurde in ein Museum verwandelt, was bis heute existiert und sehr sehenswert ist!
Ausblicke über das Tal, die Berge und das Mittelmeer
Vom oberen Teil des Dorfes können Besucher einen fantastischen Ausblick über die Mauern und hinab in das Tal, in dem sich der Stausee von Guadalest befindet, welcher vom Río Guadalest gespeist wird. Wenn man in östlicher Richtung über das Tal blickt, kann man mit etwas Glück sogar das Mittelmeer und die Strände der Costa Blanca sehen!
Aber Guadalest hat zum Glück viel mehr zu bieten als nur schöne Ausblicke! Beinah jede Familie, die hier im Dorf lebt, verdient ihren Lebensunterhalt mit etwas, was auf irgendeine Art und Weise mit dem Tourismus zu tun hat. So gibt es beispielsweise jede Menge fantastischer, kleiner Restaurants, die von Familien geführt werden und in denen man die Gerichte der lokalen Küche serviert bekommt. Für viele der Spezialitäten wird Kaninchenfleisch zum Kochen verwendet, da die kleinen Nager hier im Tal in großen Mengen vorkommen. Sehr empfehlenswert (zumindest für alle, die sich nicht vegetarisch ernähren)!
Die Hauptstadt der Museen
Guadalest hat an der Costa Blanca den Ruf, die Hauptstadt der Museen zu sein. Der Ort ist zwar klein, aber es gibt nicht weniger als 9 Museen, die alle auf verschiedene Ausstellungsbereiche spezialisiert sind! Das wahrscheinlich spektakulärste Museum ist das Microgigante-Museum in der Calle Iglesia. Hier gibt es mikroskopisch kleine Kunstwerke und riesige Statuen und Skulpturen zu bestaunen! Die Sammlung beherbergt unter anderem eine Stierkampfarena, die auf dem Kopf einer Stecknadel gebaut wurde, die Bibel, niedergeschrieben auf einer Haarsträhne, eine Bleistiftspitze, auf der "Die Drei Grazien" des flämischen Barockmalers Peter Paul Rubens zu sehen sind, eine Kopie eines Gemäldes des berühmten Malers El Greco auf einem Sandkorn und einen Floh auf einem Fahrrad.
Ganz in der Nähe, in der Avenida de Alicante, befindet sich das bemerkenswerte Museum für Salz- und Pfefferstreuer. Es gibt mehr als 20,000 Ausstellungsstücke aus den verschiedensten Jahrzehnten zu bewundern und die Salz- und Pfefferstreuer nehmen hier die verrücktesten Formen an: Vögel, Katzen, Hunde, Hühner und sogar Astronauten oder Waschmaschinen.
Für die Besucher, die sich für makabre und gruselige Ausstellungen interessieren, gibt es ein Museum in der Calle Honda, welches sich mit den Foltermethoden des Mittelalters beschäftigt. Es gibt eine große Sammlung von Folterinstrumenten und Fakten über die Methoden, die während der Zeit der spanischen Inquisition unter Tomas de Torquemada im 15. Jahrhundert zum Einsatz kamen. Damals wurden viele Leute der Hexerei, Ketzerei oder Ehebruch bezichtigt und mittels grausamster Foltermethoden zu Geständnissen gezwungen - egal, ob sie schuldig waren, oder nicht. Zu den schaurigen Ausstellungsstücken gehören unter anderem eine Guillotine, Äxte, eine Streckbank und eine eiserne Maske. Außerdem gibt es eine Auswahl von mittelalterlichen Keuschheitsgürteln zu sehen!
Für diejenigen, die sich für Mechanik und Maschinen interessieren, gibt es ein Motorrad-Museum, mit einer tollen Sammlung von Motorrädern aus den 1920er bis 1970er Jahren!
Geschäfte, Restaurants und Unterkünfte in Guadalest
Es gibt eine große Anzahl von kleinen Läden und Geschäften, in denen man Geschenke, hochwertige Souvenirs und Mitbringsel kaufen kann. Besonders empfehlenswert ist das große Keramikgeschäft Lladro, in welchem man die berühmten Töpferwaren der Communidad Valencia, in der sich die Provinz Alicante befindet, bekommt. Außerdem findet man in der Stadt hervorragende Lederwaren, Olivenöl aus der Region, und Hierbas, die lokalen Kräuterliköre, welche man in allen Restaurants bekommt, und die nach alten Traditionsrezepten hergestellt werden. Die Kräuter, die für die Liköre verwendet werden, wachsen in den umgebenden Bergen, in denen man übrigens wunderbar spazieren gehen kann, wenn man genug von der Stadt gesehen hat!
Falls man mehr als nur einen Tag in Guadalest seiner friedlichen, wunderschönen Umgebung verbringen möchte, gibt es eine handvoll Hotels, in denen man unterkommen kann. Wer möchte, kann an einer Bootsrundfahrt auf dem Stausee von Guadalest teilnehmen, die von den Besitzern der Hotels organisiert werden. Es sind keine gewöhnlichen Rundfahrten, denn die Boote fahren mit Solarantrieb und man bekommt spektakuläre Ausblicke auf die Berge und die Stadt geboten! In der Sommersaison werden die Besucher sogar direkt vom Hotel zum Stausee und wieder zurückgebracht.
Guadalest steht übrigens unter Denkmalschutz, was den großen Wert, den die Spanier auf ihre Traditionen und Kultur legen, widerspiegelt.
Der Ort hat schon so einiges überlebt, von Erdbeben über Großbrände und Bombenangriffe während des Krieges der Spanischen Sukzession von 1701 bis 1714 und des Spanischen Bürgerkrieges von 1936 bis 1939. Trotzdem schaffte Guadalest es, seine Schönheit und den Charme des alten Spaniens zu bewahren und ist somit ein ganz besonderer Ort, welcher die Vergangenheit würdigt und den heutigen Bewohnern und den Touristen ein hübsches (zeitweiliges) Zuhause bietet.
Hier findet ihr übrigens eine Liste mit weiteren tollen Ausflugszielen an der Costa Blanca!