Alicante ist ja sonst eher ein etwas verschlafenes, wenn auch hübsches Hafenstädtchen. Doch alle drei Jahre verwandelt sich die valencianische Stadt in eine turbulente Fiesta-Location für Segler. Denn von hier aus brechen die Boote der aufregendsten Weltumsegelung, der Volvo Ocean Race, auf.
Das ist kein Sport für Schlafmützen und Schönwetterkapitäne - hier sind echte Haudegen versammelt. Entsprechend wird ein gigantisches Hafenfest organisiert. Die nächste Volvo Ocean Race findet übrigens im Herbst 2017 statt. Das kann man sich schon einmal im Kalender dick einrahmen.
Ideal für die Weltumsegelung - Boote aus einem Guss
Bevor die besten Segler zu ihrem neun Monate währenden Abenteuer aufbrechen, müssen sie trainieren, sich und die Boote vorbereiten und der Öffentlichkeit präsentieren und im Hafen eine erste Regatta vorlegen.
Dabei kann man sich die sieben High-Speed-Boote der Klasse VO65 des diesjährigen Rennens um die Weltmeere einmal aus der Nähe ansehen. Sie sind areo- oder besser wellendynamisch gebaut, um wie ein Pfeil durchs Wasser zu schießen. Gehen Wellen über das Deck, fließt das Wasser blitzschnell in alle Richtungen ab. Extrem glatt und damit auch nicht gerade trittsicher sind die Boote an Deck. Bei hohem Wellengang muss sich jeder fest anschnallen, um nicht über Bord zu gehen.
Diese sieben Teams waren bei der Volvo Ocean Race 2014/2015 dabei:
- Alvidemica
- Team SCA
- Abu Dhabi
- Mapfre
- Vesta
- Team Brunel
- Dongfeng
Siegerteam ist Abu Dhabi geworden!
Alicante - Hafenstadt mit langer Geschichte
Alicante feiert als Starthafen der Regatta seine Segler wie Filmstars. Docks, Hafenmolen, Seepromenade werden für den riesigen Ansturm an Schaulustigen bunt geschmückt und hergerichtet. Es kommen Sponsoren, Freunde und Familien der Segler, tausende Journalisten, der spanische König (selbst ein Segelfanatiker) und etliche Zuschauer in die kleine Stadt. Hotels sind oft ausgebucht, vor allem diejenigen, die direkt am Yachthafen oder Strand in der Innenstadt stehen.
Wie als Kontrastprogramm ist im Hafen Alicante die historische Galeone Santísima Trinidad (Nachbau von 2006) angetäut.
Vom Museumsschiff mit Restaurant hat man einen tollen Blick auf das Castillo oben auf dem Felsen von Alicante und kann auch den Trubel rund um die Volvo Ocean Race beobachten.
Segeln in Spanien - Ein Event auch fürs einfache Volk
Bei der Volvo Ocean Race 2014/15 wurden in Alicante so viele Besucher wie noch nie gezählt. 22.000 Neugierige kamen hinunter zum Puerto Deportivo, um die Boote und Segler zu verabschieden. Und es gibt noch eine Neuerung. Wie immer in Spanien ist die Veranstaltung trotz Prominenz und Medienrummels angenehm locker. Man muss keinen Eintritt zahlen, um ins sogenannte Seglerdorf - ein Festplatz im Hafen – zu gelangen und kann sich sogar mit den Seglern fotografieren, wenn man Glück hat. 2017 wird die Volvo Ocean Race nicht nur in Alicante starten, sondern auch enden!
Es gibt zahlreiche Attraktionen und Dinge, die man umsonst ausprobieren kann. Sich zum Beispiel in einer dunklen Kabine umherschleudern lassen, um zu wissen, wie es sich anfühlt, nachts bei hohem Wellengang durchs Meer zu rauschen und nichts zu sehen.
Auf dem Hafengelände in Alicante sind die aktuellen Modelle von der Volvo-Ocean-Race Bootsklasse VO65 ausgestellt, auf denen man herumlaufen und sich ein Bild machen kann, unter welchen Umständen die Segler an Bord auf engstem Raum monatelang leben müssen.
Mit Hochgeschwindigkeit über die Weltmeere - Segeln am Limit
Die rund 20 m langen Segelyachten der Volvo Ocean Race sind echte High-Tech-Boote, die vor allem schnell und leicht sein müssen. Jedes überflüssige Gewicht verlangsamt die Fahrt – daher dürfen die Segler keinerlei zusätzliches Gepäck an Bord bringen. Nur ein persönlicher Gegenstand ist erlaubt. Die meisten haben ihr Smartphone dabei.
Ein Blick in die Kabine und in die Kajüte zeigt, wie das Leben auf diesen Rennbooten organisiert ist. Hier muss die Mannschaft, die je nach Team aus 9 bis 12 Mitgliedern besteht, miteinander leben und sich alles teilen. Es wird sogar oft aus einer Schüssel gegessen, um Gewicht zu sparen!
Es gibt eine mitschwankendes Navigationsecke, wo Laptops, Ortungsgeräte, GPS und Tracker eingebaut sind. Hier sitzen die Tüftler der Teams auf hoher See und müssen den bestmöglichen Kurs unter sich ständig ändernden Bedingungen berechnen. Es gibt auch eine mitschwankende Toilette und Dusche (nur kaltes Wasser), wo man sich halbwegs privat zurückziehen kann.
Heiß ist es hier unten, wenn die Fahrt durch die Doldrums am Äquator geht. Das ist die tropische Zone Intertropical Convergence Zone (ITCZ) im Atlantik, wo Wind und Wetter verrückt spielen. Im Boot von Team Dongfeng wurden 31 Grad gemessen, da fällt es schwer zu schlafen. Küche, Büro, Bad – Schlafkojen – alles auf engstem Raum, ohne viel Luftbewegung, wenn plötzlich Flaute herrscht.
Die Etappen der Regatta Volvo Ocean Race
- Alicante (Start) Oktober 2014
- Kapstadt
- Abu Dhabi
- Sanya
- Auckland
- Itajai
- Newport
- Lissabon
- Lorient
- Den Haag
- Göteborg (Ziel) Juni 2015
Die größten Gefahren für die sieben Boote unterwegs sind mögliche Piratenangriffe rund um Somalia und Jemen, Fischernetze und unbeleuchtete Fischerboote vor Afrika, Indien und im südchinesischen Meer, Eisberge im Nordatlantik und eiskaltes Wasser vor Labrador.
Wer bei der schnellen Fahr und bei schlechten Wetterbedingungen und nachts über Bord geht, kann meist nicht gefunden und gerettet werden. Auch Orkane, Stürme, Tsunamis im Südpazifik, starke Strömungen, kreuzende Containerschiffe und umherschwimmende Fracht sind alles ernst zu nehmende Faktoren, die das Leben der Segler gefährden können.
Team SCA - Erstmals seit 2001 segelt wieder ein Frauenteam mit
Zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren segelt wieder ein reines Frauenboot bei der Volvo Ocean Race mit. Das Team SCA besteht aus zwölf Frauen, die aus aller Welt zusammengesucht wurden, um sich mit den Männern zu messen. Bislang ist der Segelsport ja eher eine Männerdomäne.
Bislang sind in der seit 1973 alle drei Jahre stattfindenden Volvo Ocean Race nur ganz selten Frauen in den Teams zugelassen worden. Das letzte Mal 2001/2002. Man traut schlichtweg den Frauen nicht so viel Anstrengung zu. Dabei gibt es mittlerweile etliche Beispiele alleinsegelnder Frauen, die auf eigene Faust die Welt umsegelt haben. Eine davon ist in letzter Minute zum Team SCA mit an Bord gekommen. Die 41-jährige Britin Dee Caffari gilt als erfahrenste Ozeanseglerin und treibt das Frauenteam mit voran.
Bei uns in Deutschland wird ja das Segeln oft als Sport oder Zeitvertreib der Elite betrachtet. Doch dem ist in anderen Ländern nicht so. Die Besatzung vom Team SCA ist aus abenteuerlustigen Frauen zusammengewürfelt, die vor allem eines verbindet: Sport, Natur, Liebe zum Wasser. Sie stammen nicht etwa aus reichen Familien, sondern oft aus einfachen Verhältnissen.
Wie die 30-jährige australische Surferin Sophie Ciszek, die in einem Schnellkurs vor der Regatta gelernt hat, wie man Wunden zusammennäht und nun Schiffsärztin ist. Denn Platz für einen richtigen mitsegelnden Arzt ist an Bord der High-Tech-Boote nicht. Wenn etwas passiert auf hoher See, muss sich das Team selbst helfen.
Sophie Ciszek ist auch auf Instagram aktiv und kann hier verfolgt werden: @sophieciszek
Verfangen im Fischernetz vor Afrika
Seit dem Start der Weltumsegelung am 11. Oktober 2014 in Alicante sind die Damen schon allerhand Gefahren auf See begegnet. Sie verhedderten sich vor der westafrikanischen Küste in einem Fischernetz und mussten wertvolle Minuten und vor allem Seemeilen gegenüber den anderen Booten verlieren. Doch nun haben sie wieder aufgeholt und sind aufgerückt.
Aktuell kann man die Boote per Live-Tracker auf der Website Volvooceanrace.com über das sogenannte Dashboard bei ihrer Fahrt über die Weltmeere verfolgen.
Auch an Bord der Männerboote ereignete sich Unvorhergesehenes. Ein Ruderbruch, Pech beim falschen Kurs (der Wind hielt nicht, was er versprach), ein verlorener Laptop – die Segeltour ist erst seit 13 Tagen im Gange und die erste Etappe ist noch einmal so lang.
Doch einen ersten Triumph konnte das Frauenboot und Team SCA schon feiern. Sie sind als erstes Boot durch das Nadelöhr Gibraltar aus dem Mittelmeer herausgesegelt, weil sie einen ungewöhnlich harten Kurs entlang der spanischen Küste rund um Cabo de Gata gewählt hatten.
Ihr Mut wurde belohnt und dabei hatten sie noch Zeit für ein bisschen "Sightseeing". Eine fröhliche Gruppe Grindwale begleitete das Boot neugierig und begrüßte die Seglerinnen. Für viele Fans, die das Team SCA online auf Video verfolgen und die Walbegegnung gesehen haben, ein klares Zeichen für Glück!
Wer sich für das mutige Frauenteam interessiert, kann hier eine 4teilige Doku-Serie und die Vorbereitung auf die Volvo Ocean Race anschauen. Den Trailer kann man hier auf Youtube (Englisch) sehen.
Vielen Dank an das Hospitality Team von SCA für den Besuch auf dem Boot und Fotoshooting!