Auf dem Weg in den Tod
Dieser Wanderweg ist nichts für Warmduscher, das mal gleich vorne weg. Der Camino del Rey oder auch Caminito del Rey (verniedlicht) zählt zu den gefährlichsten "Wanderwegen" der Welt. Seit im Jahr 2000 drei Leute in die tiefe Schlucht hinabgestürzt sind, an der es in schwindererregender Höhe vorbeigeht, wurde der Camino del Rey offiziell gesperrt.
Doch wie so oft in Andalusien werden Vorschriften und Gesetze gern umgangen. Es folgten in den letzten 13 Jahren noch eine Handvoll weiterer schwerer Unfälle, allerdings scheinen Gefahr und Risiko die Leute erst so richtig auf den Geschmack zu bringen.
Es gibt mittlerweile einen regelrechten Ansturm auf den einsturzgefährdeten Camino. Aus der ganzen Welt kommen Abenteurer, die sich den Weg vorknöpfen und ihre Nerven testen wollen. Doch nun ist der gefährliche Camino selbst in Gefahr!
Die spanische Regierung plant, die Rekonstruktion seiner brüchigen und für Adrenalinjunkies damit reizvollsten Stellen. Die Baupläne liegen schon in der Schublade und damit ginge der Welt eine gehörige Portion Nervenkitzel verloren. Wegen der Wirtschaftskrise wurde die Sanierung immer wieder aufgeschoben, doch bis zum Jahr 2015 will man die Sache hinter sich bringen. Also beeilen sich die Abenteurer, noch schnell den Camino zu gehen, bevor er zu einem stinknormalen Wanderweg verkommt.
Wenn auch Sie zu den lebensmüden Extremwanderern gehören und den Weg in seinem ursprünglichen Zustand noch erleben möchten, ist es allerhöchste Zeit, schleunigst einen Flug in den Südosten Spaniens zu buchen.
Der ultimative Videobeweis: Caminito del Rey
El Camino del Rey: Die harten Fakten
Der Caminito del Rey ist etwa drei Kilometer lang und verläuft in 100 Metern Höhe über einer tiefen Schlucht an einer gigantischen Felswand. Der nur 1 Meter breite Weg besteht aus nicht gerade Vertrauen erweckenden Betonplatten, Eisenträgern und teils nur aus Haken, die mehr oder weniger fest im Fels stecken oder dünnen Drahtseilen. Mitunter fehlen ganze Betonstücke, dass es keinerlei Trittmöglichkeiten gibt. Wer Augen und Nerven für die Landschaft hat und vor allem höhentauglich ist, kann in der Tiefe den Desfiladero de los Gaitanes erkennen. Diese von Felsen umrahmte Schlucht ist ein beliebtes Ausflugsziel und kann auch zu ebener Erde besucht werden.
Zu finden ist der Königsweg zwischen den Dörfern Alora und Ardales im Hinterland der andalusischen Provinz Màlaga.
Eine kurzer Ausflug in die Geschichte des Caminito
Der Weg hatte ursprünglich eine ganz andere Bedeutung und hat eigentlich nichts mit dem König gemein. E wurde angelegt, um zwei Wasserkraftwerke, die an beiden Enden der Schlucht Gaitanes liegen, miteinander zu verbinden. In luftiger Höhe transportierten die Arbeiter Baumaterial zwischen den beiden Kraftwerksanlagen hin und her. 1901 wurde mit dem Bau begonnen und das Kunstwerk vier Jahre später, 1905, fertiggestellt.
Das Elektrizitätswerk im El Chorro, wie die berühmte Felsspalte heißt, wurde 1905 mit Pauken und Trompeten eröffnet. Immerhin nutzte man schon damals die Kraft des Wassers, das hier durch die Schlucht rauschte, um Strom zu erzeugen. Trotz seiner technologischen und vor allem wirtschaftlichen Bedeutung, wurde aber der neuen Brücke über dem rauschenden Fluss mehr zugejubelt als dem Kraftwerk selbst.
Die Brücke nannte man Los Balcones, weil sie in rund 100 Metern Höhe wie ein riesiger Balkon über der Schlucht thront. Entworfen wurde die Brücke von Architekt Rafael Benjumea, der ein Spezialteam aus Bauleuten anheuerte. Die meisten waren abenteuerlustige Seeleute, die Leinen hochklettern konnten und vor allem höhentauglich waren. Also ziemlich nervenstarke, kernige Herren.
Erbaut wurde der Weg aus Sand und Zement und der Beton mit Metallhaken befestigt. Am Fels wurde an den besonders gefählrichen Kurven und Biegungen eine einfache Eisenstange angebracht, wo man sich festhalten konnte.
Warum heißt der Camino Königsweg?
Der Weg erhielt seinen vornehmen Namen als König Alfonso XIII im Mai 1921 das neue Kraftwerk feierlich in Betrieb nahm. Alfonso scheint kein Hasenfuß gewesen zu sein, denn der spanische König bestand darauf, den Weg der Arbeiter von der Talsperre El Chorro (früher Conde de Guadalhorce genannt) selbst zu gehen. Der Spaziergang beeindruckte ihn so sehr, dass er eine Gedenktafel errichten ließ, um den Archtitekten Benjumea zu adeln. Bis heute kann der Erbauer des Camino also in aller Form bewundert werden. Wer will, kann auch ein paar Blumen an der Tafel ablegen und sich für das kühne Projekt bedanken. Und der Weg wurde nach dem mutigen König benannt.
Zahlreiche Mythen und Gerüchte umranken den Königsweg. Einige konnten bewiesen werden, andere gehören wohl doch eher ins Märchenreich. Es heißt, eine junge und hübsche Engländerin habe sich vom Balconcillo in den Tod gestürzt. Die gut aussehende Blondine sei mit einem weißen Pferd den ganzen Camino entlanggeritten und habe sich dann von der Brücke hinabgestürzt.
El Camino del Rey: Nicht familienfreundlich, lebensverkürzend und infarktgefährdend
Ohne Zweifel ist ein Spaziergang entlang des Caminito eine nervenaufreibende Sache und extrem gefährlich. Wir warnen alle adrenalinsüchtigen Nerds, ihr Balancegefühl und ihren gesunden Menschenverstand zu testen, ob sie bereit für das große Abenteuer sind. Hört nicht auf Leute, die behaupten, der Weg sei harmlos. Vermeintliche Freunde, die den Weg als harmlos bezeichnen, könnten sich als Feinde entpuppen.
Der Zustand des Wanderwegs ist alles andere als gut und verschlechtert sich täglich. Damit ist der Camino geföhrlicher als ein Klettersteig im Hochgebirge. Nach jedem regenreichen Winter bröckelt mehr Beton in die Tiefe und die Metallhaken werden lockerer. Ganze Abschnitte sind bereits abgebrochen und es gibt überall kleine Löcher, durch die man den Abgrund erspähen kann. Das sogenannten Sicherheitsseil ist schwach und von zweifelhafter Dicke. 2013 stürzte ein italienischer Kletterer ab, obwohl er angeseilt war!
Ergo, wer den Weg gehen will, sollte sich seiner Sache absolut sicher sein und sich selbst auch in Extremsituationen gut kennen. Seid also ehrlich und riskiert nicht Kopf und Kragen.
- Bereitet Euch sehr gut vor. Nutzt Bergsteigerausrüstung und lasst Euch von einem professionellen Bergführer leiten.
- Geht den Camino niemals allein oder bei Dunkelheit.
- Bei Regen und Nässe nicht benutzen. Das Baumaterial aus Sand und Beton ist gut 100 Jahre alt und bröckelt leicht ab.
- In einer Gruppe sollten alle Teilnehmer genug Platz zum Laufen haben. Zu viel Gewicht an einer Stelle ist keine gute Idee!
- Anseilen! Beim Überqueren von besonders ungeschützten Stellen Seile und Karabiner benutzen.
- Bringt mindestens 60 Meter Leine mit, um sich am Ende des Wegs abszuseilen.
- Vorsichtig laufen und nicht stampfen! Die meisten Unfälle sind auf menschliches Versagen zurückzuführen. Das heißt, unachtsame Wanderer, die umherspringen oder am Sicherheitsseil zerren oder anderen Blödsinn anstellten, gefährden sich und andere extrem.
- Behandelt den Camino respektvoll. Euer Leben hängt davon ab. Im wahrsten Sinne des Wortes.