Die Fahrt von den Badeorten Murcias hinein ins Hinterland führt nicht gerade durch blühende Landschaften. Das Gelände ist karg, die Straßen leer und viele halb angefangene Bauwerke verschandeln die Gegend. Doch wenn man die Peripherie der Küstenautobahn A 7 verlassen hat, wird es richtig spannend. Die kargen Hügel mit dem spärlichen Hartgras werden immer höher und wachsen zu Bergen mit Pinienwäldchen heran.
Plötzlich tauchen historisch wertvolle Städte und einmalige Naturlandschaften auf, die es lohnt, zu entdecken. Hier ist Spanien noch fest in der Hand der Einheimischen. Von Touristen keine Spur!
Wir haben nach ein paar Tagen Erholung in den Thermalquellen im Kurbad von Archena eine Tour zur Stadt Caravaca de la Cruz gemacht, das etwa 63 km von Murcia entfernt im Landesinneren liegt.
Wieso ist Caravaca eine "Heilige Stadt"?
Caravaca de la Cruz wird seit dem Besuch von Pabst Johannes Paul II 1988 als eine der fünf heiligen Städte der katholischen Kirche verehrt. Die Stadt ist ein echter Wallfahrtsort und steckt voller Gotteshäuser, Kapellen, Kirchen und einer berühmten Basilika.
Im 13. Jahrhundert ließen sich in Caravaca Tempelritter nieder, die von den Kreuzzügen nach Jerusalem zurückgekehrt waren und ihre Schlachten gegen die Mauren organisierten. Bis heute wird in Caravaca das Erbe des Templerordens und der Ritter dieser Zeit bewahrt.
Das Kreuz von Caravaca ist ein Doppelkreuz und gilt unter Christen als Schutzamulett. Es wird in der Stadt überall in kleinen Souvenirläden verkauft. Wir haben uns nur schwer entscheiden können, welches der vielen bunten Kreuze wir kaufen sollten. Immerhin hängt jetzt Kettchen im Auto, nachdem es uns geschenkt wurde, obwohl wir es kaufen wollten. Der Ladenbesitzer ließ es in meinen Geldbeutel plumpsen für Glück und Reichtum. Sehr nett und höchst christlich von ihm! Später erfahre ich, dass es üblich ist, das Doppelkreuz zu verschenken...
Alle sieben Jahre wird in Caravaca ein Heiliges Jahr (Jubileo perpetuo) gefeiert, zu dem Pilger aus der gesamten Welt in die murcianische Stadt wandern. 2010 war das letzte Jahr und 1 Million Pilger suchten ihren Weg nach Caravaca. Das nächste Heilige Jahr findet 2017 statt.
Übrigens geht hier auch einer der durch das Herz Spaniens führenden Jakobswege nach Santiago de Compostela entlang. Außer in Caravaca wird nur an vier weiteren Orten der Welt das Heilige Jahr gefeiert: Jerusalem, Rom, Santiago de Compostela und Toribio de Liébana (beides spanische Städte).
Die schönsten Plätze und Sehenswürdigkeiten in Caravaca
Das wichtigste Bauwerk in Caravaca ist die mittelalterliche Burganlage oberhalb des Stadtzentrums, wo sich auch eine Basilika, die Basílica-Santuario de la Santísima y Vera Cruz befindet. Hier wird in einer kleinen Kapelle im Inneren der Basilika seit dem 13. Jahrhundert das Kreuz von Caravaca, das der Legende nach aus Jerusalem stammen sollte und ein Vera Cruz (ein echtes Kreuz) ist, aufbewahrt und verehrt.
Ein "echtes Kreuz" heißt im Lateinischen Lignum Crucis und ist ein christliches Kreuz, das Holzfragmente des ursprünglichen echten Jesuskreuzes enthält. Die Mutter des römischen Kaisers Konstantin, Helena, die von den Katholiken bis heute als Heilige verehrt wird, soll die Reliquie zusammen mit dem wahren Kreuz, an das Jesus genagelt wurde, im 4. Jahrhundert aufbewahrt haben.
Im Kreuz von Caravaca ist das Holz vom Jesuskreuz verarbeitet. Es wurde über Jahrhunderte immer wieder vor Invasoren in der Stadt versteckt gehalten. Die berühmte militärische Eliteeinheit der Tempelritter traten als Hüter des Kreuzes und Verteidiger der Stadt und der Festung in einer Zeit auf, als dieser Teil Spaniens maurisch (Al-Andalus) war.
Das Doppelkreuz stellte damals ein Symbol des militärischen Widerstands der in Murcia verschanzten Christen dar.
Ursprünglich stand im 12. Jahrhundert auf dem Hügel von Caravaca ein maurisches Alcázar, das nach der Reconquista - der Rückeroberung Spaniens durch die Christen - in eine christliche Burg mit Basilika verwandelt wurde.
Im Castillo de Caravaca gibt es auch ein Museum, wo man sich über die lange Geschichte des Ortes, dem Mysterium des Kreuzes und den Sitz des Templerordens informieren.
Die dicken Festungsmauern des Alcazar werden teilweise gerade restauriert, doch andere Bereiche der Mauern kann man zu Fuß erklimmen und eine herrliche Aussicht über die Dächer der mittelalterlichen Stadt und das hügelige Umland genießen.
Im Inneren des alten Burganlage wurde zwischen 1617 bis 1703 die Wallfahrtskirche Santuario de la Vera Cruz erbaut. Seine üppig gestaltete Barockfassade aus rotem Marmor, der aus den Bergen der Region stammt, sieht etwas zu verspielt aus für die wuchtigen mittelalterlichen Burgmauern. Jede Zeit hat ihre kulturellen und stilistischen Eigenheiten. An der Burg von Caravaca kann man die letzten 700 Jahre der Baugeschichte ablesen.
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Sehenswürdigkeiten in der Altstadt von Caravaca
Die zentrale Plaza del Arco bietet sich als Treffpunkt für Pilger an und ist von einigen Bars und Cafes gesäumt, wo man sich hinsetzen und Kaffee trinken kann. Rund um die Plaza gibt es jede Menge Andenkenläden, wo allerhand religiöser Kitsch und Postkarten verkauft werden. Spanier sind nicht nur gläubig, sondern auch sehr abergläubig.
Es werden Schlüsselanhänger fürs Glück, Schutzamulette wie der berühmte Indalo aus Almeria oder etliche Nachbildungen des Doppelkreuzes aus Caravaca in allen Formen und Varianten produziert und in Caravaca verkauft. Das Souvenirgeschäft und die Pilger sind eine der wichtigsten Einnahmequellen für den Ort, der in einer der ärmsten Gegenden Spaniens liegt. Es ist Brauch, dass man als Besucher ein Kreuz aus Caravaca als Amulett seinen Freunden oder seiner Familie mitbringt.
Unweit der Plaza del Arco finden sich zahlreiche Gassen und schmale Straßen, wo sich Bars und Restaurants aneinander reihen. Sehr schön ist die Bäckerei El Horno, wo man auch während der Siesta, wenn andere Cafes geschlossen haben, Bier, Wein und kleine Tapas auf der Straße zu sich nehmen kann.
Caravaca hat auch noch eine Stierkampfarena, wo jedes Jahr zur Feria im Oktober Stierkämpfe stattfinden. Die Plaza de Toros wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf dem Gelände des Franziskaner-Kloster Santa Maria de Gracia errichtet, nachdem das Kloster unter Mendizabal enteignet worden war.
Die Stierkampfarena wurde am 28. September 1880 eingeweiht und im Jahr 1926 noch einmal restauriert. Am eindrucksvollsten ist die rote, monumentale Fassade aus dem sogenannten Neo-Mudéjar-Stil, die man noch heute sehen kann.
Caravaca und die Caballos del Vino
Noch viel älter als die Basilika, der Pabstbesuch und wohl auch die maurische Phase ist ein volkstümliches Ritual, das in Caravaca jedes Jahr im Mai fünf Tage lang (1. bis 5. Mai) gefeiert wird. Das Volksfest Caballos Del Vino (Weinpferde) ist in ganz Spanien bekannt und viele Schaulustige kommen aus allen Regionen herbeireist. Teilweise sind dann bis zu 200.000 Menschen in der Stadt und es wird eng mit Unterkünften.
Die Bewohner bereiten sich 12 Monate lang akribisch auf dieses bunte Fest vor. Am Die Pferde werden an 40 verschiedenen Orten der Stadt gewaschen, geschmückt und anschließend mit ihnen durch die Straßen gerannt. Es gibt zahlreiche Prozessionen, viel Live-Musik, Folklore mit Tänzen und vor allem ein aberwitziges Pferderennen.
Für viele ausländische Touristen ist die Fiesta der Beweis, dass die Spanier etwas verrückt sind. Das Pferderennen durch die Menschenmassen zu Fuß mit einem in einem Seidenumhang verkleideten Pferd ist hoch riskant, laut, bunt und schrill. Für die schreckhaften Pferde ist die Veranstaltung sicher regelrecht traumatisch.
Dennoch wird das Fest nun schon seit mehr als 600 Jahren gefeiert und geht auf Tempelritter zurück, die hier Kunststückchen mit ihren mutigen Pferden vorführten. Die Stadt hat sich mit diesem uralten Tradition um die Anerkennung des Festes durch die UNESCO als "Immaterielles Erbe der Menschheit" beworben.
In Caravaca fühlt sich jeder irgendwie noch heute als Tempelritter; sogar die lokale Fußballmannschaft tritt in den traditionellen Farben Rot, Weiß und mit dem um die Hüften gewickelten Tuch der Reiter auf.
Im Museo de la Fiesta (Festivalsmuseum) kann man sich die historischen mühsam genähten Kostüme der Menschen und Pferde des Volksfestes anschauen. Auch die bunten Umhänge der Mauren und Christen - ein weiteres wichtiges lokales Fest, wo die Schlachten zwischen beiden Religionsgruppen nachgestellt werden - kann man im Museum ansehen. Das Museum liegt etwas außerhalb des Zentrums, aber die Fahrt lohnt sich. Eintritt 4 Euro, ermäßigt 3.
Adresse:
Anfahrt:
Von Murcia aus auf der Küstenautobahn A-7 bis zur Abfahrt RM-15 nach Caravaca de la Cruz fahren. Parkplätze befinden sich am Stadtrand oder ausgeschildert entlang der Einfahrtstraße.