Grazalema - Ein weißes Bergdorf in Cádiz

Die Sierra de Grazalema ist ein schöner Gebirgszug im äußersten Zipfel Andalusiens, wo sich im Winter die Atlantikwolken an den Hängen abregnen. Hier oben ist es deshalb stets herrlich grün und kühl. Im brütendheißen Andalusien ist solch ein Ort im Sommer eine echte Wohltat und bei Einheimischen ein Geheimtipp für einen Ausflug in die Berge.

Das kühle Wetter wissen die 2.200 Bewohner von Grazalema sehr zu schätzen. Sie atmen frische Bergluft und leben seit Jahrtausenden zufrieden von den Gaben der üppigen Natur, die sie umgibt. Hier wird noch echter Berghonig geschleudert, Käse von den frei grasenden glücklichen Ziegen und Schafen und Wurst aus Wildschweinfleisch gemacht.

Grazalema

Zwar ist Grazalema inzwischen auf der Liste der schönsten weißen Dörfer in Andalusien ganz oben geführt und zieht daher immer mehr Touristen an, doch selbst in der Hochsaison hält sich der Besucherstrom in Grenzen.

Die meisten kommen im Reisebus auf die 800 m hinaufgefahren und machen nur einen kurzen Spaziergang durch den Dorfkern. Auf der Plaza de España trinken sie einen Kaffee oder essen ein paar Tapas und werden dann wieder zurück an die Küste gebracht. 

Wer etwas Zeit mitbringt und auch am frühen Morgen oder späten Abend in Grazalema bleibt, wird den Ort mit seinem ganzen Zauber und Charme erleben können. Es lohnt sich, hier für ein oder zwei Nächte zu übernachten und sich das Dorf in aller Ruhe ohne Zeitdruck anzuschauen. In der Umgebung der Sierra de Grazalema kann man zudem herrliche Wanderungen unternehmen.

Ein bisschen Dorfgeschichte von Grazalema

Grazalema

 

Wie in vielen alten andalusischen Dörfern weiß auch hier niemand genau, wann sich die ersten Menschen in dem geschützten Tal zwischen den Bergen niederließen. Die Lebensbedingungen sind ideal - es gibt Zugang zu sauberem Trinkwasser aus dem Fluss Guadalete und viel Land für Ackerbau und Viehzucht. In der Umgebung von Grazalema wurden immer wieder archäologische Beweisstücke aus der Frühzeit der Menschheitsgeschichte gefunden. Fragt man die Einwohner, sagen die nur: Wir waren schon immer hier!

Dennoch waren es wieder mal die Römer, die der einstigen Siedlung zu kultiviertem Leben verhalfen und hier ein kleines Dorf gründeten. Die Legionen von Scipio (210 v.Chr.) ließen sich am Fluss Cilbus (mglw. Guadalete) nieder und richteten sich hier Wohnhäuser ein. Den Ort benannten sie nach dem Fluss Lacílbula

Blick auf Grazalema von der Landstraße aus

Fast 900 später wurde Grazalema wie der Rest Andalusiens, wo Sie eine schöne Ferienwohnung mieten können, von nordafrikanischen Berberstämmen erobert und blieb bis 1485 fest in maurischer Hand. In diesem Jahr kämpfte der christliche Fürst Don Rodrigo Ponce de León in der Region und eroberte das Bergdorf zusammen mit Archite, Aznalmara, Cardela, Ubrique, Benaocaz und Villaluenga del Rosario für die Christen zurück. In dieser Schlacht um die "Sieben Dörfer" wurde die Region um Grazalema der maurischen Herrschaft endgültig entrissen. Doch viele Traditionen gehen eindeutig auf maurische Wurzeln zurück wie gewissen Techniken der Landwirtschaft wie die Bewässerung durch Acequias - raffinierte Kanäle in den Bergen.

Das Wetter und die Natur in Grazalema

 Grazalema

Zum Glück und Unglück für Grazalema liegt der Ort etwas abseits der Touristenströme weit oben in den Bergen. So hat man sich von Anbeginn auf die traditionelle Landwirtschaft besonnen und sich nicht nur auf den boomenden Tourismus in Spanien verlassen.

Nach Grazalema zieht es vor allem Naturliebhaber, Wanderer und nur wenige Tagesbesucher in Reisebussen, die auf dem Weg nach Ronda hier Halt machen. 

Grazalema hat im Sommer das ideale Wetter, um der Hitze zu entfliehen, doch im Winter wird es kalt und nass. Dies ist der Ort in Spanien, wo es am meisten regnet! In Grazalema fallen pro Jahr 1.962 mm Niederschlag und im Winter kann es sogar schneien. Dieses Mikroklima entsteht durch die Nähe zum Atlantischen Ozean und der Ausrichtung der Sierra de Cadiz Richtung Westen. Hier bleiben die Wolkennebel des Atlantiks hängen und regnen sich ab.

Sierra de Grazalema

Das ist schön für die Natur. Üppige grüne Täler und gesunde Pinienwälder und die selten gewordene spanische Tanne (pinsapo) sowie Korkeichenwälder gedeihen in der Sierra de Grazalema. Rund um das Dorf breitet sich die Sierra del Endrinal aus, wo Kalkfelsen mit einer Höhe von rund 1.500 m in den blauen Himmel ragen.

Sehenswertes im Dorf Grazalema

Grazalema

Das hübsche weiße Dorf scheint von Menschen bewohnt zu sein, die den ganzen Tag ihre Blumentöpfe gießen, die Hauswände weiß kalken und die Messingbeschläge an den alten Holztüren putzen. Überall strahlt und glänzt es und es gibt so gut wie nichts Hässliches zu entdecken. Enge Gassen aus Kopfsteinpflaster führen an makellosen Häusern vorbei.

Grazalema

Man kann in die schönen Patios blicken und sich über die Balkone mit den Geranien freuen und staunen, wie viel Reichtum und Schönheit hier über die Jahrhunderte bewahrt wurde. Es sind noch viele Relikte der maurischen Epoche zu sehen, die 700 Jahre währte und bis heute den Charme des Dorfes bestimmt.

Grazalema - Plaza de España

Ein kleiner Spaziergang durch das Dorf dauert ungefähr eine Stunde und führt an allen wichtigen Sehenswürdigkeiten vorbei, ohne dass man sich überanstrengen muss. Ausgangspunkt ist der zentrale Dorfplatz Plaza de España, von wo man alle sehenswerten Bauwerke und Orte erreicht.

Regionale Produkte, Geschäfte und Dorfrestaurants

Grazalema - Iglesia de Santa Aurora

Im Dorf sind viele kleine Läden, die sich auf die regionalen Produkte spezialisiert haben. Grazalema ist bekannt für seine leckeren Süßigkeiten wie die Cubiletes - eine Art Fettgebäck aus Schmalz, Zucker, Mehl, Zimt, die mit Cabello de ángel gefüllt sind. Das sind kandierte Fasern, die aus einem Feigenblatt-Kürbis gewonnen werden. Er wächst fast nur in Höhen von 1000 bis 3000 m.

In den netten kleinen Dorfläden gibt es geflochtene Körbe aus Espartogras, Schafs‑ und Ziegenkäse, Wollwaren, Korbmöbel, Seife und Pflegeprodukte aus Olivenöl und sehr schöne handgemachte Lederwaren und Töpferarbeiten zu kaufen. Wer ein sinnvolles Souvenir aus Andalusien mitbringen möchte, sollte hier einkaufen und die lokalen Handwerker und Bauernfamilien unterstützen. 

Wer hungrig ist, ist in Grazalema genau richtig. Die gut bäuerliche andalusische Küche bietet alles, was es in der Region an leckeren Speisen und Spezialitäten zu essen gibt. Die Restaurants an der Plaza sollte man vielleicht eher meiden, da hier die meisten Touristen anhalten und essen. Der Service ist nicht immer freundlich. Besser ist es, sich in den Nebengassen in den kleineren Restaurants nieder zu lassen.

 

Wanderungen und Ausflüge in die Sierra de Grazalema

Sierra de Grazalema

Wenn man die steile Straße von Ronda aus Richtung Grazalema fährt, kommt man die herrliche Gebirsglandschaft der Sierra de Cadiz und ihren Ausläufern wie der Sierra de Grazalema und Sierra del Pinar. Radfahrer lieben die schmale Landstraße für Bergtraining und wegen der tollen Aussicht und kommen vor allem im Frühjahr und Herbst hierher.

Aber auch Motorradfahrer haben viel Spaß daran, die Serpentinen hinaufzufahren und die frische Bergluft zu atmen. Man kann auch mit dem Wohnmobil (Achtung, es sollte technisch OK sein, denn die Bergpässe sind sehr hoch und es geht auf 1.650 m hoch) kann man prima hierher fahren und im Naturpark campen und von hier Wanderungen unternehmen.

Der höchste Punkt in der Sierra del Pinar ist der Pico del Pinar (oder auch Torreón) mit 1.654 m. Auf dem Weg dorthin gibt es an der Landstraße A-372 einen Parkplatz, Aussichtsplattform, Tische und Bänke für Picknick und eine Infotafel für Wanderwege. Es ist der Scheitelpunkt in der Sierra del Pinar, die dann wieder Richtung Grazalema hinabfällt.

Hier kommt besonders viel Regen (2.132 mm im Jahresdurchschnitt) herunter. Die Sierra del Pinar ist ein Karstgebirge und gehört mit zum Naturpark Sierra de Grazalema. Dieses Gebiet umfasst 53411 Hektar und ist seit 1977 als Biosphärenreservat durch die UNESCO geschützt. Der Zugang zu den spanischen Tannen ist durch Reservierungen geregelt. Man darf nicht auf eigene Faust hier im Wald umher spazieren.

Ganz in der Nähe befindet sich der tiefe Canyon Gargante Verde (Grüne Schlucht), wo man traumhafte Wanderungen machen kann und die beliebt ist für ausgedehnte Kanutouren.

Sierra de Grazalema

Wer scharfe Augen hat, sieht vielleicht die Geier am Himmel kreisen. In der Sierra Grazalema lebt eine große Geierpopulation dieser beeindruckenden Aasfresser, die Flügelspannweiten von 2,90 m haben und nur in Nordafrika, Asien und Südeuropa verbreitet sind. Es gibt außerdem Wanderfalken, Adler und Eulen, die hier leben und genug Nahrung finden.

Sierra de GrazalemaIn der Sierra de Grazalema, die aus lockerem Kalkstein besteht und daher viele Höhlen und Schluchten bildet, befindet sich auch ein riesiges Höhlensystem, das Hundidero-Gato heißt. Es ist Andalusiens längste Höhle, in dessen Labyrinth 100.000 Fledermäuse überwintern - die größte Kolonie von Fledermäusen in Spanien.

Anfahrt und Lage

Grazalema liegt etwa  142 km von Cádiz entfernt. Am schönsten ist die Fahrt von El Bosque aus über die A-372 in Richtung Ronda. Die schöne kleine Straße windet sich die Sierra de Grazalema hoch und man kann an verschiedenen Aussichtspunkten tolle Blicke auf die Bergwelt werfen. Von Grazalema nach Ronda sind es etwa 33 km, die man in 45 min fahren kann.

Parkplätze finden sich direkt an der A-372 am Dorfeingang und am Dorfausgang. Ins Dorf hinein sollte man nicht mi dem Auto fahren, sondern die paar Schritte zu Fuß gehen.