El Hierro ist die große Unbekannte der Kanarischen Inseln, obwohl es die kleinste ist. Rein geografisch. Nicht sehr viele Urlauber kommen zu diesem abgelegen Eiland und so mancher hält es für das Ende der Welt. Die letzte Insel, bevor sich der riesige Atlantische Ozean zwischen Afrika und Südamerika schiebt. Auf historischen Landkarten wurden sogar Drachen und Seeungeheuer rund um El Hierro vermutet und die Vulkaninsel als Ort bezeichnet, wo die "Drachen hausen".
El Hierros zweiter Spitzname ist Isla del Meridiano, denn jahrhundertelang verlief hier der geografische Nullmeridian durch die Insel. Der Längengrad markierte für die damaligen Kartografen den westlichsten Punkt der "Welt". Seit 1884 ist der Nullmeridian in Greenwhich.
Der Ruhepol im Atlantik ist ein Pulverfass
Die Insel ist ruhig, einsam und ein echtes Naturparadies. Doch die Natur ist nicht nur schön, sondern auch gewaltig. An El Hierros Südküste explodierte 2011/2012 ein unterseeischer Vulkan, gleich vor der Haustür der Touristeninseln Teneriffa und Gran Canaria.
Auf El Hierro geht man ziemlich gelassen mit der drohenden seismischen Gefahr um. Und die wenigen Touristen, die hierher reisen, nehmen auch ein paar Risiken in Kauf, sind es doch vor allem Naturliebhaber und Abenteuerlustige, die auf die raue und wilde Insel kommen.
Während im ersten Quartal 2015 die großen Kanarischen Inseln überrannt wurden - Gran Canaria zählte fast 2 Millionen und Teneriffa 2,5 Mio Touristen, Fuerteventura und Lanzarote jeweils über 1 Millionen Besucher - blieb es auf El Hierro noch immer ruhig. Pro Jahr kommen nur etwa 10.000 Gäste. Und auch an Bevölkerungsdichte kann El Hierro seine dichter besiedelten Schwesterinseln erfreulich unterbieten; nur etwa 7.000 Herreños leben ständig auf El Hierro.
Die Natur ist hier immer noch spürbar mächtiger als der Mensch. So bleibt El Hierro wohl die magischste und reizvollste aller Kanarischen Inseln. Seit 2002 steht die Insel zudem als UNESCO-Biosphärenreservat unter internationalem Schutz und darf nicht wild bebaut werden.
Was ist ein UNESCO-Biosphärenreservat?
Damit eine Region oder eine Insel zu einem Biosphärenreservat erklärt werden kann, muss eine starke historische Verbindung zwischen Mensch und Natur bestehen und nachgewiesen werden. Was das genau bedeutet, könnt ihr in meinem Artikel über das wundervolle Anaga-Gebirge auf Teneriffa nachlesen, das im Jahr 2015 den Status als Reservat erhielt.
Warum ist El Hierro ein UNESCO-Biosphärenreservat?
Trotz seiner Vulkanberge und dem rauen Terrain ist El Hierro eine der grünsten Kanarischen Inseln - in mehrfacher Hinsicht. Ein großer Teil der Insel ist üppig bewachsen. Zähe Pinien und immergrüne Lorbeerwälder gedeihen in der steten Gischt des Atlantiks. An einigen Felsen wachsen sehr ungewöhnliche Bäume, wie man sie anderswo kaum findet. Die märchenhaft wirkenden Wacholderbäume (Phönizischer Wacholder) mit widerspenstigen, verdrehten Ästen sind überall auf El Hierro anzutreffen.
Die El Hierro hat mehr gemeinsam mit den Hochebenen von Schottland als mit den trockenen Regionen der östlichen Kanarischen Inseln, wo die Landschaft mit den Wüsten fast afrikanisch wirkt. Hier grasen frei laufende glückliche Schafe, die von schweigsamen Hirten den ganzen Tag über grasbewachsenen Hänge der Vulkane geführt werden.
Nicht nur das Land auf El Hierro ist geschützt, auch die Küste wird besonders gehegt und gepflegt und so natürlich wie möglich belassen. Die Fischer der Insel haben zusammen mit den Behörden das Meeresschutzgebiet La Restinga geschaffen, wo ein langfristiger und nachhaltiger Ansatz verfolgt wird, um die Fischgründe zu schützen. Der Ozean rund um El Hierro ist voller Leben und lockt Taucher aus der ganzen Welt an.
Dieser Respekt vor der Natur und Umwelt unterscheidet El Hierro von seinen Nachbarinseln, wo sich Nutznießer der touristischen Überentwicklung oft über das Land und dessen Bewohner hinweggesetzt haben. So drohte Lanzarote sogar seinen Status als UNESCO-Biosphärenreservat zu verlieren, weil Politiker kommerzielle Interessen verfolgten und vom Weg abkamen, den der Verfechter der Insel, der kanarische Visionär und Naturfreund Cesar Manrique einst mühsam erkämpft hatte.
Doch die Insulaner von El Hierro ruhen sich nicht auf den Lorbeeren aus. Der Status als Biosphärenreservat ist nicht genug, um die Insel für immer vor Unheil zu bewahren. Jetzt versucht man den Status als Geo-Park für die Insel zu erlangen. Damit wäre El Hierro die erste Insel der Welt, die beide Titel trägt. Ein weiteres ehrgeiziges Ziel ist es, als erste "Grüne Insel" und eine der saubersten der Welt zu werden, deren Bewohner und Besucher völlig autark von fossilen Energiequellen überleben können.
Dank eines innovativen Kraftwerkes für Regenerative Energie gelang es 2015 schon einmal für gut 2 Stunden, die ganze Insel durch Wind oder Wasserenergie mit Strom zu versorgen. Allerdings gibt es derzeit Probleme wie überall bei ähnlichen Projekten mit der sinnvollen Energiespeicherung für Verbrauchsschwankungen.
Die Höhepunkte des Biosphärenreservats
Wer die Insel einmal besuchen möchte, sollte diese landschaftlichen Höhepunkte nicht verpassen. Das kann man auf El Hierro machen, wenn man aktiv sein möchte. Ansonsten rate ich, die Einsamkeit zu nutzen, um einfach mal am Ende der Welt richtig zur Ruhe zu kommen.
Wacholderwald – Einzigartige von den Kräften der Natur geformte Bäume im Westen der Insel El Hierro. Diese zauberhaften Gebilde muss man mit eigenen Augen sehen, um sich von ihrer Echtheit zu überzeugen.
Sonnenuntergang vom El Golfo – Dieser einsame Punkt an der Küste von Las Puntas ist unvergesslich. Die Sonnenuntergänge auf der Terrasse des "kleinsten Hotels" der Welt sollte man mit einem Bier auf der Terrasse feiern.
Untertauchen – El Hierro gilt als der beste Tauchspot auf den Kanarischen Inseln und El Bajon als einer der besten Europas. Hier gibt es Wale, Delfine, Rochen, Haie, Barrakudas und auch viele harmlose kleine bunte Fische wie Papageienfische zu beobachten.