Spaniens Städte am Mittelmeer gehören zu den ältesten der Welt. Oft lassen sich die genauen Daten nicht mehr rekonstruieren, weil eine alte Kultur die andere abgelöst hat.
Schon die ersten Griechen und nordafrikanischen Stämme hatten es im alten Spanien mit einem funktionierenden Reich in der Region Andalusien, dem Reich von Tartessos um 2000 v.Chr., zu tun. Die Tartessen kannten bereits Metallverarbeitung und bauten aus den mit wertvollen Bodenschätzen gespickten Bergen Andalusiens Erze, Blei und Kupfer ab, womit im ganzen Mittelmeerraum gehandelt wurden. Der Reichtum sprach sich herum und lockte bald neue Eroberer herbei.
An den Stätten der Iberer hatten Phönizier erste Städte errichtet, Römer ihre Tempel gebaut, die dann die Westgoten wieder einrissen und schließlich setzten Mauren Moscheen an die schönsten Plätze, die nach der Reconquista wiederum in Kirchen umgewandelt wurden. So sind spanische Städte heute voller Zeitzeichen aus vergangenen und untergegangenen Kulturen. Das macht das Land so interessant als Reiseziel für alle, die nicht nur Strandtourismus suchen.
Die schönsten und ehrwürdigsten Hafenstädte, die an sensiblen strategischen Punkten lagen und heute noch liegen wie etwa Málaga, Cádiz, Cartagena, Huelva oder auch Tarragona waren bei allen Erobererkulturen begehrt.
Von einigen Städten wie Sevilla, das damals viel näher am ausgedehnten Mittelmeer lag, weiß man, dass die ersten iberischen Stämme schon immer im fruchtbaren Tal des großen andalusischen Flusses Guadalquivir lebten. Woher die Iberer stammten und ob von ihnen noch etwas übrig ist, weiß niemand. Fragt man die Einheimischen in Sevilla oder Málaga, wie alte ihre Stadt denn nun wirklich sei, zucken die nur mit den Schultern und sagen ... eine Ewigkeit.
Geht es nach den Spaniern, gab es ihr schönes bergreiches und fruchtbares Land einfach schon immer. Málaga sei so alt wie die Erde, behauptet so mancher Malagueño.
Zur Zeit der Eroberung durch die Römer waren viele Städte an der Küste eher einfache Siedlungen mit natürlichen Buchten oder angelegten kleinen Häfen, Fischerbuden am Strand, Bergbauminen in der Nähe, Mühlen und Feldern. Erst die Besatzer brachten neue Technologien,Architektur, Stadtkultur und raffinierte zivilisatorische Leistungen ins Land. Nun wurden Bäder, Theater, Handelsplätze, Märkte, Foren oder Verwaltungsgebäude geschaffen. Auch der Grundriss für viele Viertel mit Villen und Bürgerhäusern wurde von den frühen Zivilisationen wie in Barcelona oder Málaga geprägt.
Römer, Griechen, Phönizier - sie alle haben sich auf der iberischen Halbinsel wohl gefühlt und ihre Spuren in Form von grandiosen Bauwerken hinterlassen, die man dank des trockenen Klimas vielerorts noch in sehr gutem Zustand bewundern kann.
Die Schönheit und Kultur vieler Städte ist oft diesen frühen Einflüssen verdanken. Manche archäologische Städte sind allerdings heute nur noch in Ruinenform zu bewundern, wie die griechische Kolonie Empuries in Katalonien oder Italica bei Sevilla.
Alte Hafenstädte mit arabischem Einfluss
Doch waren es meist kolonisatorische Absichten der Eroberer, die Orte am Meer wie Cádiz, Cartagena oderMálaga prägten. Nordafrikanische Stämme und maurische Fürsten errichteten Verteidigungsanlagen wie die zahlreichen hochüber dem Stadtzentrum thronenden Alcazabas entlang der Mittelmeerküste, von wo man einen weiten Blick auf das Meer und nahende Feinde hatte.
Die Alcazaba von Málaga (11. Jahrhundert vom maurischem Sultan Bādīs erbaut), die Alcazaba von Almería (vom arabischem Kalif Abd ar-Rahman III. im 10. Jh. erbaut) oder die mittalalterliche Alcazaba von Alicante auf dem Berg Benacantil sind bis heute die bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der Küstenstädte. Im wohl ältesten Militärhafen in Cartagena (Murcia) – auch heute noch wichtigster Standort der spanischen Marine – an der spanischen Mittelmeerküste, haben die Phönizier eine gewaltige Stadtmauer – die Punische Mauer – errichtet. Hier kann man heute spazieren gehen und die schöne geschützte Bucht von Cartagena betrachten und sich die Geschichte lebhaft vorstellen. Sogar einen Einblick in das römische Familienleben kann man im Casa Fortuna bekommen.
Das alte Wohnhaus steht noch mitten in der Altstadt und hat an den alten Wänden und im Fußboden bedeutende Mosaike zu bieten, auf denen sich die Kultur und der Lebensstil der Römer in der Stadt nachempfinden lässt. Das Casa Fortuna wird von der Stadtverwaltung Cartagena gesponsort und kostet nur 2,50 Euro Eintritt.
Römerkunst und Bauwerke am Mittelmeer
Die Römer sorgten wie in allen ihren Provinzen für formidable Infrastruktur und schufen Straßen, Plätze und vor allem in den Städten eine vernünftige Kanalisation. In Tarragona, das von den Römern als Tarraco 218 v. Chr. erobert und gegründet wurde, herrschten die Römer bis 713 n. Chr. Der jahrhundertelange Einfluss auf die Entstehung einer prosperierenden Hafenstadt lässt sich bis heute bestens beobachten. Das Aquädukt von Tarragona ist ein herausragendes Beispiel römischer Ingenieursbaukunst.
Obwohl Tarragona heute eine ganz normale moderne Stadt ist, wimmelt es in der Innenstadt von grandiosen römischen Bauwerken, die noch gut erhalten sind und sich auf imposante Weise ins Stadtbild einfügen. Wuchtige Stadtmauern, ein riesiges Amphitheater, ein Mausoleum und ein Triumphbogen zeugen von der Römerherrschaft.
Außer in Italien findet man wohl vor allem in den bedeutenden Städten der römischen Provinzen Hispania ulterior und Hispania citerior auf der Iberischen Halbinsel die am besten erhaltenen Bauten aus der Antike. Dank des trockenen und milden Klimas sind die meisterhaft errichteten Bauwerke über die Jahrtausende hinweg erhalten geblieben. Viele Namen in der spanischen Sprache für Bauwerke stammen von den Eroberern wie den Römern oder Arabern.
Arabische Worte im Spanischen für Bauwerke oder Gartenarchitektur:
- Alcazaba (Zitadelle)
- Alhambra (Festung in Granada)
- Mezquita (Moschee)
- Alameda (Pappelallee)
- Jardin (Garten)
- Gibralfaro (abgeleitet von Gebel-Faro - Felsen des Leuchtturms)
- Cortijo (andalusisches Bauernhaus)
- Alcázar (Schloss)
- Almazara (Ölmühle)
- Aljibe (Zisterne).
Diese und viele andere Begriffe aus der Zeit der 700-jährigen Maurenherrschaft sind bis heute durch kein spanisches Wort ersetzt und werden im ganzen Süden gesprochen und verstanden.
Römische Begriffe wie Teatro (Theater), Taberna (Kneipe), Convento (Kloster), Caldera (Vulkankrater), Cementerio (Friedhof), Iglesia (Kirche), Sevilla, Ermita (Wallfahrtskapelle) sind direkt aus dem Lateinischen in die spanische Sprache eingegangen und zeigen, wie sehr Spanien von den fremden Einflüssen geprägt ist.
Die ältesten spanischen Küstenstädte
Das lichtdurchflutete Cádiz (Gades) ist eine Phöniziergründung aus dem Jahr 1000 v. Chr. und war jenseits der Straße von Gibraltar eine wichtige strategische Stadt für die Seefahrernation.
Das gute alte Málaga hat die letzte 3000 turbulenten Jahren, seit dem die ersten Phönizier hier am Pedregalejo an Land gingen und die Stadt Malaka gründeten, bestens überlebt. Kaum jemand kann sich vorstellen, dass hier, wo heute ein neu renovierte Hafenpromenade an der Muelle Uno täglich Touristen anlockt, eine der ältesten Städte Europas entstanden ist.
Die anderen andalusischen Städte wie Huelva und Sevilla sind, wie auch das katalonische Tarragona, eher von etruskischen Stämmen, den Tyrsern, um 1200 v. Chr gegründet worden. Auch sie zählen zu den ältesten Westeuropas. Der Name Sevilla ist jedoch phönizisch und stammt vom Wort Spal ab, was "unteres Land" bedeutet.
Die in Murcia gelegene Hafenstadt Cartagena ist eine etruskische Gründung und wurde vor allem deshalb so populär, weil die Stadt von Silberminen in den Bergen umgeben ist. Denia ist eine griechische Gründung. Tarifa - das näher an Afrika liegt als am Rest Europas ist ebenfalls eine phönizische Gründung aus dem Jahr 1000 v. Chr. und wurde später unter den Römern Tingentera genannt.
Welche Städte an der Küste sollte man heute besuchen?
Zu unserem Glück sind die schönsten Küstenstädte Spaniens am Mittelmeer trotz kriegerischer Jahrhunderte weitgehend verschont geblieben. Hier scheint der gesunde Menschenverstandüber politische Streitereien gesiegt zu haben, denn Bombenhagel, Feuerbrünste und Erstürmung haben die Städte nicht vernichten können. Daher können wir heute noch die mittelalterlichen oder von den Römern angelegten Stadtgrundrisse wie in Barcelona oder Málaga bewundern und bewandern.
Wer sich sowohl für alte Architektur als auch moderne und lebhafte Stadtkultur interessiert, dem sei empfohlen, mit einer Rundreise entlang der Küstenstädte zu unternehmen. Am besten fängt man im Süden an und arbeitet sich in den Norden hinauf.
Wir empfehlen eine Route von Süd nach Nord durch diese alten Städte entlang der Mittelmeerküste:
- Cadiz
- Marbella
- Málaga
- Almuñécar
- Almeria
- Cuevas del Almanzora
- Alicante
- Tarragona
- Barcelona
Abstecher an kleinere Orte sind unterwegs natürlich auch empfehlenswert wie in das andalusische Mojacar, Altea, das valencianische Denia und Elche, Calpe, das mittelalterlich geprägte Peñíscola mit Templerburg oder das katalonische Tossa de Mar und Cadaques.
In jedem Fall wird man auf seiner Tour in die Vergangenheit auch wahre Freude an der heutigen Kultur finden, denn in Spanien existieren seit jeher Tradition und Moderne in friedlicher Form nebeneinander und haben sich angenehm bereichert.