Es gibt viele mysteriöse Orte in Spanien, wo die Zeit stehen geblieben ist. Doch wer hätte gedacht, dass ein Ort auch versinken kann?
Genau das ist passiert in dem kleinen San Román de Sau (sprich Saauuuu) in der Provinz Barcelona wo ein Dorf im wahrsten Sinne des Wortes vom Erdboden oder besser von einem See verschluckt wurde. Ein echtes Geisterdorf!
Wer im Sommer hier vorbeikommt, sieht eine der wohl merkwürdigsten Dinge, die man in Spanien sehen kann. Eine einsame Kirchturmspitze ragt aus dem Wasser und jagt jedem Betrachter einen Schauer über den Rücken. Was ist hier passiert? Warum steht eine Kirche im See?
San Román de Sau - Die traurige Geschichte eines alten Dorfes
Wie so oft bei großen Rätseln, ist die Auflösung ein bisschen enttäuschend. Hier waren weder wundersame Naturgewalten am Werk, noch haben Hexen oder Außerirdische für den Untergang des Dorfes gesorgt. Nein, es war die Industrialisierung und der Zuwachs der Menschheit.
Denn für die immer größer werdende Stadt Barcelona musste mehr Trinkwasser und Elektrizität gewonnen werden. Im bergigen Hinterland von Barcelona wurde daraufhin in der Gemeinde Osona im 80 km entfernten wunderschönen Tal Vall de Ter einfach der Fluss Ter angestaut und ein Stausee geschaffen.
Dabei wurde das alte Dorf 1962 radikal geflutet. Die rund 1000 Bewohner von San Román de Sau mussten ihre Häuser verlassen und wurden in das vier Kilometer entfernte Vilanova de Sau umgesiedelt. Heute leben aber nur noch rund 314 Menschen in dem neuen Dorf - so richtig hat keiner wieder Fuß gefasst.
San Román de Sau
Wenn aber in der Trockenzeit im Sommer der Stausee an Wasser verliert, dann taucht das alte Dorf auf gespenstische Weise wieder auf und damit auch all die Erinnerungen an die versunkene Geschichte.
Wie muss es den einstigen Bewohner des Dorfes wohl gehen, die plötzlich ihre alten Häuser, Plätze, die Kirche, den Friedhof und sogar die Schule auftauchen sehen?
Denn einst war das Dorf sehr schön und romantisch, wie man auf den historischen Fotos sehen kann.
Nicht alle hatten es damals bis zum Tag X als die Schleusen geöffnet wurden geschafft, ihre toten Verwanden aus den Gräbern des alten Friedhofs umzusiedeln. So manches Grab befindet sich noch immer am Grund des Stausees. Klar, dass sich die Leute hier die gruseligsten Geschichten erzählen.
Es gibt allerhand alte Sagen aus der Zeit der Karolinger, der Epoche der maurischen Eroberung und neuere Gruselgeschichten, die rund um das gespenstische Dorf kursieren. An Vollmondnächten sollen hier Lichter am Grunde des Sees aufleuchten - die Einheimischen meinen, dieses Flackern stamme von den erzürnten Seelen der gefluteten Gräber. Auch komme es mitunter vor, dass bei niedrigem Wasserstand und Wind die alten Kirchturmglocken zu läuten beginnen, was immer als böses Omen aufgefasst wird.
Manche Bewohner finden es besser, wenn vom alten Dorf gar nichts mehr zu sehen ist und im Winter San Roman wieder ganz unter dem Wasser begraben liegt. Doch aufgrund des Klimaeffektes des El Niño, wie wir ihn im Jahr 2015/16 erleben und könnte auch der kommende Sommer das alte San Román de Sau wieder zum Vorschein bringen. Zuletzt gab es die größte Trockenperiode im Jahr 2007/8 als das gesamte Dorf zum Vorschein kam.
Wenn das passiert, weiß man auch, dass in Barcelona das Trinkwasser knapp wird und fad schmeckt und dass in den Nächten die Geister der Verstorbenen im See ihr Unwesen treiben.
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Wandern, Kayaken oder Paddlesurfen
Von den Gruselgeschichten lassen sich aber neugierige Touristen keineswegs abhalten, dem alten Kirchturm mitten auf dem See einen Besuch abzustatten. Die tolle Berglandschaft rund um den See sieht wie eine Filmkulisse aus und wirkt richtig majestätisch. Wer nicht weiß, dass dieser See von Menschenhand geschaffen wurde, findet die bewaldete Region mit den mächtigen Felsen wunderschön.
Auch die Berge, die im Norden und Süden des Tals emporragen, sind beeindruckend. Entlang der Kalksteinfelsen führen so genannte Cingles - Felsrinnen - an denen man in mehreren hundert Metern Höhe kilometerweit entlang laufen kann. Das können geschickte Bergziegen besonders gut, doch auch die alten Bauern haben diese Furchen im Gestein genutzt, um von einem Dorf zum anderen zu kommen. Denn die tief eingeschnittenen Täler sind sehr schwer zu durchkreuzen.
Vom See aus kann man die Rinnen gut erkennen. Oft wachsen Bäume und Sträucher darin.
Im Dorf Vilanova de Sau gibt es einen Freizeitverein namens Aquaterraclub, wo man Kayaks, Boote und Paddleboards ausleihen kann, um den See zu erkunden. Meist werden Touren in Gruppen angeboten, aber man kann auch auf eigene Faust zu einer Kayaktour aufbrechen.
Es ist ein magisches Erlebnis, mit dem Kayak oder SUP um die Kirchturmspitze herum zu paddeln. Infos gibt es auf der Facebook-Seite vom Aquaterraclub. Sehr beliebt ist auch eine Ausfahrt mit einem Aquaslider - das ist ein leichtes Tretboot, das man ohne Bootsführerschein bedienen kann. Kosten ab 25 Euro / h.
Ausflüge in der Umgebung von San Román de Sau
Rund um den Stausee kann man herrlich wandern und sich außer den oben genannten Orten auch noch einige Sehenswürdigkeiten ansehen wie das Benediktinerkloster Sant Pere de Casserres, zu dem ein schöner Wanderweg führt, von wo man auch einen weiten Blick auf den Stausee erhaschen kann.
Sant Pere de Casserres
Das Kloster steht an einer Flussbiegung des Riu Ter wie auf einer Landzunge. Zum Glück ist das romanische Kloster aus dem 9. Jahrhundert bei der Flutung des Tales verschont worden. Hier wurde nicht mit der Brutalität der Francozeit vorgegangen, sondern Altes erhalten und für die Zukunft bewahrt.
Bis in die 1990er Jahre war das Kloster eine Ruine und ist dann mühselig durch Hilfe von Banken und Spenden durch die Gemeinde Osona restauriert worden. Auch über das romantisch-mystische Kloster gibt es bis heute Legenden, die man sich erzählt und weshalb man dem Ort mit einem Mix aus religiöser und heidnischer Ehrfurcht begegnet.
So sind im Kloster die Reste eines mumifizierten Kindes gefunden worden, das man für den gestorbenen Sohn des Grafen von Cardona hielt und dem man bis heute übernatürliche Kräfte zuspricht.
Die Überreste der Leiche werden im Kloster aufbewahrt und immer, wenn wieder eine Dürreperiode herrscht, tragen die Anwohner die Mumie in einer feierlichen Prozession an die Ufer des Flusses, damit diese für Regen sorgt und die Trockenzeit beendet.
Im Kloster finden verschiedene öffentliche Veranstaltungen statt und es gibt auch ein Restaurant und Cafe, wo man sich stärken kann. Man sollte aber vorher anrufen und seinen Besuch ankündigen.
Kloster Sant Pere de Casserres
Tel: +34 93 744 71 18
Vic
Die Region um die alte Stadt Vic ist berühmt für ihre fruchtbaren Böden und fleißigen Bauern. Weite grüne Wiesen und Felder durchziehen die Täler, die von den Felsketten begrenzt sind. In der Stadt selbst werden Bauernmärkte abgehalten, viele alte Traditionen wie das Tanzen der Sardana (ein volkstümlicher Kreistanz) gefeiert und die Stadt bietet nicht nur gute Restaurants, sondern auch viele interessante kleine Geschäfte.
Sehr empfehlenswert ist ein Rundgang durch das Zentrum mit seinen alten ehrwürdigen Bürgerhäusern, den schönen Plätzen und den vielen tollen kleinen Geschäften und Bars. Die Universitätsstadt ist auch Sitz des römisch-katholischen Bistums Vic. Im Jahr 2016 ist Vic zur Capital de la Cultura Catalana ernannt worden - die Kataloniens ureigene Kulturhauptstadt.
Tavertet
Eine Fahrt hinauf auf die etwa 900 m über dem Meeresspiegel liegende Hochebene der Sierra de las Guillerias führt in herrliche Dörfer, deren jahrhundertealte Häuser komplett aus den Feldsteinen der Gegend erbaut wurden.
Schöne alte romanische Kirchen, rustikale Bauernhäuser und Brunnen zieren diese alten katalanischen Dörfer, wo die Menschen sehr patriotisch sind und fast ausschließlich Katalanisch sprechen. Auch die alten Straßen aus Kopfsteinpflaster wurden in den meisten Orten erhalten und alte von Römern erbaute Bogenbrücken führen über die Bergbäche hinweg.
In den Tälern oder auch auf den fruchtbaren Hochebenen rund um das Dorf Tavertet wird viel traditionelle Landwirtschaft betrieben. Die Bergbauern halten hier Schweine, Rinder und Schafe, die sich jedes Jahr im üppigen Gras fett fressen. Es ist ein bisschen wie in unseren Alpen. Hier grasen die Kühe noch frei und tragen Kuhglocken, damit man sie wiederfindet.
Tavertet duftet von Jasmin und Flieder, der an den alten Mauern emporrankt. Im Herbst wachsen hier Steinpilze und Pfifferlinge in den Eichenwäldern. Viele schöne alte Häuser aus dem 17. Jahrhundert und der Kirche San Cristóbal aus dem 10. Jahrhundert zieren ein fast magisch wirkenden Ort, der eine ganz besondere Art von Mensch anzieht.
Im schönen Dorf haben sich viele aus Barcelona stammende Naturfreunde, Wanderer, Künstler und auch einige Starköche der Katalanischen Restaurantszene hier zur Ruhe gesetzt. Tavertet gehört zumindest im Sommer zu den typischen Fluchtzielen für viele Barcelonesen, die der Hitze der Stadt entkommen und ins Grüne flüchten möchten. In den Bergen hängt stets ein feiner Dunst, so dass hier viele Pflanzenarten aus dem Hochgebirge wie Steineichen, Kiefern und Ginster gedeihen.
Vom Dorf aus kann man bei klarer Sicht dem mächtigen Gebirge des Collsacabra (höchster Berg 1.300 m ) sehen, der im Herzen von Katalonien weit in den Himmel ragt. Die höchste Erhebung von Tavertet ist der Puig de Cortils mit 1.196 m.
Im Winter geht es in Tavertet sehr ruhig zu und es liegt in dieser Höhe im Januar auch oft Schnee auf den Straßen und Dächern. Dann werden die alten Kamine in den mächtigen Steinhäusern angeheizt und man bleibt zu Hause und macht es sich gemütlich mit einem Buch und einem Glas Wein.
Mit einem GPS-Gerät kann man es auch wagen, von Tavertet hinab zum Stausee zu wandern, sollte sich aber zuvor in der Touristeninformation im Rathaus nach dem richtigen Weg erkundigen. Es ist nichts ausgeschildert und die Wege führen an steilen Felswänden entlang und sind vor allem im Winter bei Glätte nicht ungefährlich. Zwei Optionen gibt es, um von Tavertet aus zum Stausee zu wandern. Einerseits kann man dem Bach durch das Tal Sot de Balà folgen, da ist allerdings nichts markiert. Oder man folgt dem offiziellen Europa-Wanderweg GR 2 (ausgeschildert) und muss dann per GPS einem Pfad abwärts folgen, der wiederum ohne Markierungen ist.
Tavertet ist von Barcelona aus in gut 2 h zu erreichen, was weniger an der Entfernung liegt als an der engen serpentinenreichen Bergstraße. Tavertet liegt am Ende der Straße BV-5207, die als Sackgasse endet. Das heißt, wer hier hinauffährt, tut das wirklich nur, um dem Dorf einen Besuch abzustatten.
Rupit
Die mittelalterliche Stadt Rupit ist etwas größer als Tavertet und gehört zu den schönsten Orten Spaniens. Die Häuser stammen aus dem 14. und 15. Jahrhundert und sind sehr liebevoll restauriert worden. Wenn man in Rupit in eine Gasthaus einkehrt, weiß man, dass hier schon seit 500 Jahren gebechert und gefeiert wurde. Rupit liegt ca 100 km von Barcelona entfernt an der Landstraße BV-5208.
Anfahrt zum Stausee Pantano de Sau
Die Zufahrt erfolgt über die C-25 und die Landstraße N-141 mit der Abfahrt Folgueroles-Calldetenes. Nach dem Durchfahren der Stadt Folgueroles kommt man nach Vilanova de Sau. Hier weiter auf der N-141 nehmen, die an der Stauseemauer endet.
Eine weitere Option ist eine asphaltierte Straße, die in Sant Sadurní d'Osormort beginnt, auf die Straße von Vic bis nach Sant Hilari führt und dem Flusslauf folgt. Der Weg geht bis zur Brücke von Malafogassa, von wo man weiter bis nach Vilanova de Sau fahren kann.
Fotos und Unterstützung durch Osona Turisme und Ayuntamento de Vilanova de Sau und den Aquaterraclub aus Vilanova de Sau. Vielen Dank!