Wer durch die engen Straßen und Gassen der kleinen kanarischen Küstenstadt Garachico schlendert, kann sich schwer vorstellen, dass dieser Ort in seiner Geschichte vom Pech verfolgt war. Nirgendwo in Spanien kamen so viele Unglücksfälle und Katastrophen zusammen wie in diesem netten Örtchen an der nordwestlichen Spitze Teneriffas.
Doch bei genauerem Hinblicken, zum Beispiel über die ziegelgedeckten Dächer und die Kirchturmspitze der rund 5000 Einwohner zählenden Stadt, erkennt man die mächtigen Berghänge, die im Atlantikdunst verschwinden.
Sie scheinen den Ort verschlucken zu sollen. Es dämmert einem spätestens jetzt, dass Garachico nicht gerade die beste geografische Lage hatte, denn die Berge sind vulkanischen Ursprungs und nicht gerade harmlos.
Unter den Hängen der Vulkane - Garachico ist ein Schicksalsort
Weit oben, im Herzen der Insel, erhebt sich der schneebedeckte Vulkankegel des höchsten Berg Spaniens, Teide. Doch es gibt noch andere in der Vergangeheit gefährliche Vulkane auf der Insel. So brach der kleinere Vulkan im Montaña del Estrecho (auch Volcán Garachico genannt) am 5. Mai 1706 aus.
Von seinen Hängen flossen breite Lavaströme herab direkt ins Dorf und verschütteten den Großteil der Häuser und den alten Hafen. Nur die Kirche und das aus dem 16. Jahrhundert stammende Kloster San Francisco blieben verschont. Beide sind die ältesten Gebäude des Ortes und stehen an der Plaza Glorieta de San Francisco.
El Roque - Naturdenkmal im wilden Atlantik
Doch Unheil drohte in Garachico nicht nur aus den Bergen, sondern auch vom Atlantik, der hier voller Wut gegen die Steilküsten und den vorgelagerten Felsen El Roque schlägt. Schon von Weitem und von der Höhe der steilen Felsen lässt sich diese markante Felsinsel erkennen. Weht der Wind von Norden, dann stürzen gigantische Wellenberge gegen die Klippen und schießen meterhoch in die Luft.
El Roque fängt die größten Wellen ab und bietet vielen Seevögeln vor Menschen und Touristen sichere Zuflucht und Nistplätze. Der 77 Meter hohe Felsen ist ein geschütztes Naturdenkmal und darf nicht betreten werden.
Baden in Meerwasserbecken - Lavapools im Atlantik
Manchmal gilt am Meer Alerta Roja – Badeverbot und dann schließt die lokale Polizei die Zugänge zum Strand und lässt die rote Flagge hissen. Sehr schade, wenn man so wie wir gerade hier ist und Lust zum Baden in den berühmten Meeresbecken von Garachico hat.
Die Lavabecken wurden von der Natur durch einen Vulkanausbruch geschaffen und später mit kleinen Wegen verbunden, so dass man von einem Schwimmbecken ins andere springen und sich auf den Wegen sonnen kann. Diese natürlichen Meeresschwimmbecken sind rund um die kleine Felsenburg im alten Hafen zu finden.
Die befestigten Wege führen durch die Lavafelsen, Riffe, Felsvorsprünge und Steintreppen von einem Planschbecken zum anderen. Wenn der Ozean zu wild ist und der Schaum über die Felsen und Klippen schlägt, sind die Wege jedoch zu glatt und auch das Baden zu gefährlich.
Biblische Plagen, Piraten und Naturgewalten - Garachico trotzte allen Gefahren
In der 518 Jahre alten Stadtgeschichte von Garachico kamen aber außer den geografischen und natürlichen Gefahren durch Fluten, Erdbeben und Vulkanausbrüche noch andere Unglücke hinzu, die das Leben der Bewohner bedrohten.
Ein verheerendes Feuer wütete im Hafenstädtchen, bei dem 1697 über hundert Häuser zerstört wurden. Biblische Plagen wie Heuschreckenschwärme gehören ebenfalls zur Stadthistorie. Zudem fielen englische Freibeuter regelmäßig über die Insel her. Sie hatten es auf den begehrten Malvasia-Wein abgesehen, den die Bewohner mühselig auf den steilen Hängen anbauten und in Fässern im Hafen lagerten.
Das kleine Castillo am Ufer von Garachico wurde zur Verteidigung der Stadt gegen solche Piraten erbaut. Es ist heute als Museum besuchbar und lohnt sich anzusehen. Man kann von seinen Türmchen herrlich aufs Meer blicken.
Sklavenhandel, Wein und Zuckerrohr machten den Hafen berühmt
Kaum vorstellbar, dass das kleine Garachico viele Jahre lang wichtigste Hafenstadt in Teneriffa war. Bis heute nennt man sich deshalb auch beim alten Namen Villa y Puerto de Garachico. Heute bildet der Ort eine angenehme Abwechslung zu den touristisch überlaufenen Küsten bei Adeje, Los Cristianos oder im populären Puerto de la Cruz.
Nur etwa 25 Minuten dauert die Fahrt entlang der üppig mit Bananenpalmen und Papayabäumchen oder Weingärten bewachsenen Terrassen von Puerto de la Cruz nach Garachico.
Nette Geschäfte, gute Restaurants und schöne Architektur im Zentrum
Nach einem kleinen Stadtrundgang durch die Gärten und Gassen mit hübschen, aus Lavasteinen gemauerten alten Wohnhäusern, landet man wieder auf dem zentralen Platz vor der Kirche. Hier am Plaza Glorieta de San Francisco befindet sich das alte Franziskanerkonvent und die Klosterkirche San Francisco, wo das öffentlich zugängliche Rathaus untergebracht ist. In der Mitte des hübschen Dorfplatzes stehen kräftige alte und Palmen, in deren Schatten sich ein aus kunstvoll geschmiedeten Eisengittern errichteter Pavillion befindet.
Hier kann man im Straßencafe frisch angesetzte Sangria trinken oder bei einem Cafe con Leche genüsslich auf die Berghänge schauen und sich freuen, dass der Vulkan Teide seit 1909 friedlich ruht und keinerlei Gefahren von ihm ausgehen.
In den Seitengassen unterhalb des Kirchplatzes lassen sich viele urige Geschäfte von lokalen Künstlern und Kunsthandwerkern entdecken. Das in Hülle und Fülle vorkommende schwarze Lavagestein wird zu Schmuck, Kästchen und Schachfiguren verarbeitet. Solche Souvenire sind gar nicht so schlecht als Mitbringsel.
Familienrestaurants oder Spitzenküche - In Garachico kann man toll essen gehen
Wer zur Mittagszeit echte kanarische Hausmannskost probieren möchte, kann sich in den vielen Restaurant im Ort das Richtige aussuchen. Es gibt Weinbars, Restaurants mit moderner Fusionküche oder familiengeführte Lokale wie das Bodegon Plaza, das nach seinem Wirt Juan benannte Casa Juan, wo vor allem Einheimische einkehren. Sie rufen den Inhaber nicht Juan, sondern beim Kosenamen liebevoll Juanito.
Juan hat das Haus seiner Familie mitsamt dem schönen Innenhof in drei Speiseräume für Gäste verwandelt. Seine Frau kocht, der Sohn hilft beim Bedienen. Es gibt die berühmten Kanarischen Kartoffeln mit der roten oder grünen Paprika- bzw. Kräutersauce - Papas con mojo picon. Oder Conejo de la casa (Geschmortes Kaninchen) in herrlich gewürzter Soße mit Salzkartoffeln und Baguette.
Dazu kann man sich Vino de la casa – den selbstgemachten Hauswein bestellen. Alles zusammen ist extrem günstig und sehr lecker. Die Hauptgerichte kosten zwischen 5 bis 6 Euro. Vorspeisen oder Tapas zwischen 2,50 und 3 Euro.
Weitere Höhepunkte in Garachico
- Castillo und Museum in kleiner Felsenfestung. Im Castillo gibt es eine Dauerausstellung mit ein paar Schautafeln (auf Spanisch) zur Geschichte, Geografie und Fauna und Flora der Insel und Region. Lohnt sich nicht unbedingt, doch der Blick von der Aussichtsplattform mit alten Kanonen und Burgzinnen über das wilde Meer ist grandios. Eintritt 1 Euro.
- Kirche Santa Ana aus dem 18. Jahrhundert.
- Klosterkirche San Francisco mit Holzdecke im Mujédarstil.
- Das alte Kloster, wo heute Rathaus und Stadtmuseum untergebracht sind. Schöner kanarischer Innenhof mit Palmen und Galerien aus Balkonen. Im Museum erfährt man, dass aus Garachico nicht nur Wein exportiert wurde, sondern die Insel und die Stadt auch vom Sklavenhandel mit Amerika profitierte. 15 Euro Eintritt.
- Salzwasserpools am Castillo. Kostenlos, doch nicht ganz ungefährlich.