Nur ein paar Autominuten von der Küste entfernt liegt imöstlichsten Winkel Andalusiens ein Naturpark unvergleichlicher Schönheit und Erhabenheit. Die Sierra María-Los Vélez ist ein Gebirgszug oder besser Bergmassiv, das an die Weite des amerikanischen Westens erinnert. Europa fühlt sich hier ganz weit weg an. Der höchste Berg des Naturparks heißt María und ist ein Kalkfelsen von 2.045 Metern.
Wenn man mit dem Auto die Landstraße Richtung Berge hinauffährt, erhebt sich als erstes Anzeichen der Sierra María aus dem kargen Kalkboden ein gigantischer Koloss von Fels, der Maimon Grande mit 1.070 m. Der Berg ist ein Wahrzeichen der Region und von weithin sichtbar. Hinter seiner Ostflanke verbirgt sich die Stadt Vélez-Blanco mit ihrer imposanten Burg.
Unterhalb der mächtigen Felsberge liegen die zwei Orte Vélez-Blanco und Vélez-Rubio wie hingemalt in der Ebene aus Olivenhainen und Mandelbäumchen. Ein grandioser Kontrast bietet sich im Frühjahr, wenn sich die zarten violetten und weißen Blüten der Mandelbäume vor den schroff aufragenden Felswänden wie Pinseltupfer auf einer Leinwand abheben.
Auf den Spuren eines Steinzeitgottes - Der Indalo als Symbol der Region Almeria
Außer dem sagenumwobenen Berg Maimon gibt es noch ein bedeutendes Symbol, das aus dieser Gegend stammt und eine ganze Kultur geprägt hat. In einer Felsspalte unterhalb des Maimon befindet sich die Cueva de los Letreros (Die Höhle der Zeichen). Hier haben vor rund 7.000 Jahren Menschen merkwürdige Symbole und Figuren auf den Fels gezeichnet. Offensichtlich war die Gegend seit frühesten Zeiten von Menschen besiedelt. Neben der kupferzeitlichen Siedlung Los Millares, die sich etwa 17 km nördlich in den Bergen oberhalb von Almeria befindet, gilt die Höhle in der Sierra María als zweitwichtigste archäologisch bedeutende Siedlungsstätte der südiberischen Halbinsel.
Gut getarnt in der Felswand des Maimon ist die Höhle keine eigentliche Höhle, sondern eher ein Felsvorsprung mit steilen Wänden und einem kleinen Plateau, dessen Steine glatt und abgewetzt sind. Warum? Weil hier seit Millionen von Jahren Menschen hinaufpilgern, um den Indalo – ein Strichmännchen aus der Steinzeit zu sehen.
Felszeichnungen aus der Kupferzeit - bedeutende Siedlungsstätte der Frühgeschichte
Die Cueva de los Letreros und Umgebung war offenbar von Menschen besiedelt gewesen, die der Nachwelt einiges mitzuteilen hatten. Die bis dato als Nomaden umherziehenden Jungsteinzeitmenschen(5500 bis 3300 v. Chr.)haben sich hier eventuell erstmals angesiedelt und Dörfer gegründet und sich in den Felsen des Maimon verewigt. Die Zeichnungen sind mit rostbrauner Farbe gemalt und man fragt sich, wie diese so lange dem extremen andalusischen Wetter in den Bergen standhalten konnten, wo heute Häuser alle zwei Jahre gestrichen werden müssen. Diese Zeichnungen, die zu den bedeutendsten Höhlenzeichnungen Andalusiens gehören, haben alle Perioden überdauert und zeugen von einer Welt, die wir uns heute kaum noch erklären können. Symbole wie der Indalo helfen dabei, den Alltag und die Lebensweise der Frühgeschichte der Menschheit zu erklären, obwohl es mehr Fragen als Antworten gibt.
Außer dem Indalo sind noch Hirsche und eine diabolisch aussehende ziegenköpfige Figur zu sehen, die zwei Sicheln in den Händen hält und der ein blutendes Herz vom Horn tropft. Er steht auf zwei Beinen und hat Klauenfüße. Im Volksmund ist die Figur unter dem Namen El Brujo– der Hexer - bekannt. Der Indalo – der als menschen- oder gottesähnliche Figur gedeutet wird - gilt in der gesamten Region Almeria als magisches Schutzsymbol und wird bis heute als Glücksbringer verehrt.Selbst LKW-Fahrer, die Tomaten aus den Plantagen von Almeria quer durch Europa fahren, lassen sich den Indalo auf ihr Auto malen.
Im Dorf Mojacar werden geschmiedete Indalo-Figuren über die Türen oder an Hauswände gehängt, um das Haus vor Unheil zu schützen. Früher malte man mit weißer Farbe auf Gestein die Indalofigur. Sogar die Neuankömmlinge, die Hundertausenden Briten und Deutsche,die in der Region als Teilzeitspaniener Ferienhäuser haben, vertrauen den Schutzkräften des steinzeitlichen Heilsbringers und verzieren ihre Fincas oder Cortijos mit Indalos.
Es ist etwas kompliziert, auf eigene Faust, die Höhle Cueva de los Letrerosbesuchen zu wollen, wenn nicht gerade eine Führung aus der Stadt Vélez-Blanco angeboten wird. Die Höhle liegt auf etwa 1.060 Metern oberhalb der Landstraße A-317 zwischen den Orten Vélez-Blanco und Vélez-Rubio.
Standort der Höhle Cueva de los Letreros
Den Wegweiser am Straßenrand zur Höhle kann man leicht übersehen.Mit dem Auto fährt man am besten die kleinen Schotterweg zu den Mandelbäumen hinauf, wo es eine Stellfläche zum Parken gibt. Von dort an muss man noch etwa 10 min über einen gemauerte Treppe und Weg hinaufpilgern. Wer ohne Führung zur Höhle läuft, muss sich die etwa handtellergroßen Zeichnungen aus der Distanz vom Zaun aus anschauen und kann kaum etwas erkennen.Denn die steinzeitliche Kunst wird mit einem etwa zwei Meter hohen Zaun aus spitzen Eisenstangen vor Vandalismus geschützt. Im Rathaus von Vélez-Blanco kann man sich für den Besuch anmelden. Das ist unbedingt empfehlenswert, weil man ohne die Erklärungen des Führers die Felszeichnungen nicht deuten kann. Auch der Indalo ist zwischen den Zeichnungen nur schwer auszumachen,wenn man nicht weiß, wo man ihn suchen soll.
Der Burgraub im Castillo von Vélez-Blanco
Das kleine andalusische Städtchen Vélez-Blanco hat wie viele Orte mit langer Geschichte bessere Zeiten gesehen. Die Hauptstraße und die Calle Hospital ist mit vornehmen Bürgerhäusern aus der Gründerzeit gesäumt, wo kunstschmiedene Fenstergitter leere Wohnungen sichern. Nicht viele Besucher halten auf dem Weg hinauf in die Sierra María in der Stadt an.
Denn die größte Sehenswürdigkeit des Ortes, eine imposante Burg aus dem 15. Jahrhundert, wurde vor gut 100 Jahren all ihrer Schätze beraubt und steht heute nur noch als leergeräumte Trutzburg da, deren Innenhof eher an eine Kaserne erinnert als an einen Adelssitz. Der Raub von 1904 war eigentlich auch ein ganz legaler Ausverkauf – der jüdische Fabrikant George Blumenthal aus New York kaufte 1913 die feingeschnitzten Marmor-Dekorationen und Stuckelemente in Paris, nachdem sie der Besitzer dorthin verscherbelt hatte.
Blumenthal ließ sich die Marmorsäulen aus Macael in sein Wohnhaus in New York einbauen, wo sie bis zu seinem Tod 1945 blieben. 1964 wurde die Fassade des Innenhofes mit den 2000 Marmorblöcken komplett als Burghof im Metropolitan Museum of Art in New York rekonstruiert. Der Patio gilt als Paradebeispiel italienischer Renaissancekunst, denn der damalige Burgherr hatte sich seine Handwerker aus der Lombardei kommen lassen.
Hätte der damalige Besitzer der Burg die Schätze bewahren können, wäre Vélez-Blanco heute sicherlich um einige kunstinteressierte Touristen reicher. Nun brüstet man sich absurderweise damit, ein wichtiges Exponat im Museum in New York beigesteuert zu haben.
Sierra María ist ein Naturpark abseits der Touristenströme
Dennoch hat die Grenzregion zu Murcia und der schöne Naturpark einiges zu bieten. In der Sierra María liegt in den Wintermonaten mitunter etwas Schnee und die frische Bergluft aus Pinienduft und wildem Rosmarin wirkt betörend und berauschend. Im Hochsommer sind die Berge ein beliebtes Ausflugsziel, um der sengenden Hitze im Tal zu entkommen, wo oft mehr als 40 Grad herrschen.
Ein Tagesausflug in die Sierra María lässt sich von der Küste aus in gut 2 h Fahrt von den Strandresorts Mazarron, Mojacar, Aguilas oder Vera Playa unternehmen. Die Straßen führen durch imposante Hügelkettten und liebliche weiße andalusische Dörfer. In den höheren Lagen der Sierra Maria liegt im Winter mitunter Schnee.Die extremen Temperaturen zwischen Sonne und kühlen schattigen Schluchten kann im Winter entsprechende Kleidung erfordern. Wechselkleidung ist empfehlenswert. Das gilt besonders für sportliche Aktivitäten, bei denen man schwitzt und dann kühlem Wind ausgesetzt ist.
Essen und Trinken in Vélez-Blanco
Im kleinen Städtchen mit seinem hübschen Stadtkern geht es recht beschaulich zu. Außer an Fiesta-Tagen ist nicht viel los und es sind kaum Leute unterwegs. In der Handvoll Restaurants und Bars findet man deshalb immer einen Platz. Die Bar Sociedad liegt zentral an der Hauptstraße und ist eine typisch,andalusische Dorfkneipe, in der Wohnzimmeratmosphäre herrscht. Hier geht man hin, um Kaffee zu trinken, Lotto zu spielen oder sogar, um ein Nickerchen zu halten.Die Tapas sind üppig und gut, aber nichts Besonderes, dafür werden noch Preise wie vor 10 Jahren verlangt. Eine Tapa mit Bier kostet zwischen 1,80 und 2 Euro, je nach Laune des Wirts.Das Tagesmenü - Menu del Dia - bekommt man schon für 8 Euro.
Das Castillo verfügt über kein eigenes Restaurant, aber es wird ein kleiner Informationsstand in der Burg unterhalten, wo man sich Bücher, Broschüren, Souvenire oder Postkarten kaufen kann. Hier erfährt man auch von den Pförtnern, die allerdings nur Spanisch sprechen, wie und wann man am besten die Höhle des Indalo besuchen sollte. Es gibt etliche der Indalo-Figuren als Schlüsselanhänger und Schutzpatrone zu kaufen. Wer weiß, vielleicht ist der prähistorische Jagdgott bis heute wirksam? In Almeria glaubt man jedenfalls daran.
Höhle Cueva de los Letreros - Öffnungszeiten, Preise, Anfahrt
Besuchszeiten
Im Juli und August: Mittwoch,Samstag, Sonntag und Feiertage 19 Uhr.
Rest des Jahres an den gleichen Besuchstagen, aber 16:30 Uhr.Treff am Fremdenverkehrsbüro an der Einfahrt zu Pinar del Rey am Ortseingang gegenüber der Tankstelle.
Telefon: 671 999 269 und 650 808 390.
Eintritt: 2 Euro
Anfahrt: Zur Sierra María von der Autobahn A-92N. Monte Maimon liegt an der A-317 zwischen den Orten Vélez Rubio (6 Km.) und María (9 km).